Einst ausgelacht und oft totgesagt – wie der SV Zehdenick für Ruhe gesorgt hat

 

Fankultur: Zu Heimspielen des SV Zehdenick pilgern immer wieder zahlreiche Zuschauer. Manager Ronny Erdmann weiß, warum das so ist.© Foto: Matthias Haack

Bericht der MOZ, von Steffen Kretschmer 

Nach teils schwierigen Jahren zählt der SV Zehdenick mittlerweile zu den Top-Teams ins Brandenburg. Und die höchste Spielklasse des Landes soll kein Betriebsunfall sein. Wovon Verein und Manager Ronny Erdmann träumen.

Wir waren ausgelacht worden. Und das häufig auch von Vereinen, die selbst nie an morgen gedacht haben. Heute stehen wir vor vielen von ihnen.“ Es sind Worte eines Managers einer Brandenburgliga-Mannschaft, in denen viel Zufriedenheit, aber auch reichlich Genugtuung mitschwingt.
Genugtuung darüber, dass seine erste Mannschaft des SV Zehdenick 1920 durchaus viele Jahre lang zum Gespött der Region in und um Oberhavel geworden war. „Wir waren der ewige Zweite und wurden immer wieder als Vizekusen betitelt“, erinnert sich Ronny Erdmann an eine Zeit, in welcher seine Elf mehrere Jahre in Serie nicht über den zweiten Platz in der Landesklasse hinauskam. „Das war wirklich böse. Es hat uns geprägt, wie wir immer mit hängenden Köpfen vom Platz gegangen sind. Auch, als wir mit Daniel Runge einen Trainer aus der Kreisliga vom 1. SV Oberkrämer geholt hatten, wurden wir belächelt. Daniel ist nun sieben Jahre bei uns und macht seine Sache super.“
Ein Vorteil für den Manager, welcher ihn auf Nachhaltigkeit hoffen lässt: „Wir sind langsam gewachsen, kommen infrastrukturtechnisch immer weiter voran und haben selbst in der Corona-Zeit Sponsoren dazugewonnen.“ Diese sollen dazu beitragen, den SV Zehdenick auch weiterhin im gehobenen Landesniveau zu platzieren. „Genau wie unsere Nachwuchsarbeit und die gute Durchlässigkeit bis zur ersten Mannschaft. Das zieht Zuschauer“, freut sich Erdmann.
Er sei rückblickend in Bezug auf das Team nur minimal vom Weg abgewichen, so der Manager. „Momentan haben wir drei Berliner sowie drei polnische Spieler im Kader.“ Der Rest sei in der Region beheimatet. „Das ist für die Brandenburgliga schon außergewöhnlich. Viele andere Vereine haben das Geld, um sich die ganz großen Spieler zu leisten. Das können und wollen wir aber nicht“, sagt der Projektleiter eines Bildungszentrums.
Also kann er sich gerade etwas zurücklehnen, weil beim SVZ ein ruhiges und entspanntes Transferfenster zu erwarten ist? „Ich bin tagsüber beruflich stark eingespannt, aber sehr glücklich dort. Abends geht die Arbeit dann mit Blick auf den SV Zehdenick weiter. Natürlich auch in dieser Phase der Saison“, sagt Ronny Erdmann. So beantwortet er die Frage nach Neuzugängen dann auch mit einem „gut möglich“.
Generell sei es aber so, „dass an Spielern, die das Niveau für die Brandenburgliga haben, alle Vereine ziehen. Hier in der Umgebung sind sie sowieso rar. Und Clubs mit großen finanziellen Mitteln sind dann einfach im Vorteil“, sagt Zehdenicks Manager. „In den zurückliegenden Jahren mussten wir immer wieder die Kraft haben, um aufzustehen. Oft ging es auch darum, eine neue Mannschaft zusammenzubauen. Und unser Budget hat sich in den letzten fünf Jahren nicht verändert. Wenn einige wüssten, wie wir in der Brandenburgliga an den Start gehen, würden sie uns das wohl nicht glauben.“
Nach einer vom Corona-Abbruch geprägten Debüt-Saison (2020/2021) in der höchsten Spielklasse des Landes könnte es nun für die Mannschaft aus Oberhavel diesmal vielleicht sogar eine komplette Spielzeit werden. An deren Ende „hoffentlich der Klassenerhalt“ stehe. So zumindest formuliert es Ronny Erdmann. Denn sein Team müsse noch viel investieren, um den Verbleib in der Liga zu realisieren. „Wir wollen das Abenteuer Brandenburgliga so lange wie möglich erleben. Aber die anderen Vereine schlafen eben nicht, und finanzielle Weitsprünge soll es bei uns, wie bereits gesagt, nicht geben.“

Sportliche Träume von Ronny Erdmann

In Bezug auf den SVZ: „Ich hatte anfangs tatsächlich etwas Bauchschmerzen, ob ein Aufstieg nach der Meisterschaft in der Landesliga tatsächlich das Richtige ist. Und vielleicht ist die Brandenburgliga sogar für uns etwas zu hoch. Trotzdem wollen wir so lange wie möglich dabei sein. Wir haben es außerdem immer geschafft, eine gute Mannschaft zusammenzubekommen. Einen richtigen Transferkracher würde ich mir aber doch nochmal wünschen.“
Privat: „Ohne mir auf die Schulter zu klopfen, so ist es mir aber doch gelungen, mit geringen Mitteln den SV Zehdenick von der Landesklasse bis in die Brandenburgliga zu führen. Mehr kann ich nicht erreichen. Ich bin jetzt zwölf Jahre als Manager dabei und habe es mir selbst erarbeitet, dass ich auch bis über die Landesgrenze hinaus bekannt bin. Daher träume ich davon, eventuell noch in den höherklassigen Bereich zu wechseln. Ich hatte schon einmal ein Angebot, bei einem Regionalligisten als Sportlicher Leiter zu arbeiten. Das hatte ich damals aber abgesagt, weil meine Tochter zu diesem Zeitpunkt ein halbes Jahr alt war und ich diese Phase des Aufwachsens nicht verpassen wollte. Auch ein Engagement beim Fußball-Landesverband Brandenburg oder beim Berliner Fußball-Verband wäre denkbar.“